Es sind Zahlen, die erschrecken und die uns das entsetzliche Leid der Kinder nur erahnen lassen.
Es sind aber auch Zahlen, die uns als Gesellschaft wachrütteln sollten und uns alle auffordern, noch aufmerksamer zu sein und nicht die Augen und Ohren zu verschließen.
2023 hat die Zahl der Kindeswohlgefährdung in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht. Laut dem statistischen Bundesamt, stieg die Gefährdung der Kinder durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt im Vergleich zu 2022 um 1400 auf insgesamt 63.700 Kinder!
Aufgrund noch fehlender Daten aus zahlreichen Jugendämtern, gehen Schätzungen durch Experten von weiteren 5000 Meldungen, also 67.300 Kindern aus.
Dabei macht es kaum einen Unterschied, ob die Kinder bei alleinerziehenden Elternteilen (39 %) oder bei beiden Eltern gemeinsam aufwuchsen (38 %)
Bei (13 %) gab es neue Partnerschaften und (10 %) der Kinder lebten in einem Heim, bei Verwandten oder in einer anderen Konstellation.
Die betroffenen Kinder waren im Schnitt nicht älter als 8 Jahre alt.
Die behördlich mit Anzeichen erfassten Fälle im Einzelnen:
- Vernachlässigung (58 %)
- Hinweise auf Psychische Gewalt (36 %)
- Körperliche Misshandlungen (27 %)
- Sexuelle Gewalt (6 %)
Laut Meldungen der Jugendämter erlitten fast ein Viertel der Kinder mehrere Gewaltformen gleichzeitig.
Da dies „nur“ die gemeldeten Fälle sind, müssen wir davon ausgehen, dass es weiter sehr viel Gewalt im Verborgenen gibt.
Doch wie kann es sein, dass Eltern und Erziehungsberechtigte so grausam sind?
Hierzu gibt es viele verschiedene Ursachen die es in den jeweils einzelnen Familien aufzuarbeiten gilt.
Sehr häufig spielen Überforderungen eine große Rolle: Stress, eigene Unsicherheit, eigene Ängste, fehlendes Wissen zu kindlicher Entwicklung und Fürsorge, eigene nie aufgearbeitete Gewalterfahrungen und Traumata, traditionelle machtbezogene Rollenbilder, Machtausübung um den eigenen Selbstwert zu erhöhen, Machtausübung zur eigenen Befriedigung um nur einige zu nennen.
Ursachen sind keine Entschuldigung!
Wie können wir Eltern und Erziehungsberechtigte so stärken, dass es nicht zu Übergriffen kommt?
Immer noch haben viele Menschen Angst oder Scheu davor sich eine Überforderung einzugestehen. Die Scham zuzugeben, dass sie Hilfe brauchen ist so groß, dass sie lieber schweigen was bald zu neuen heftigen Reaktionen führt. Um die entsprechenden Hilfsangebote annehmen zu können, benötigt es die Erkenntnis, dass um Hilfe zu bitten und Hilfe annehmen keine Schwäche, sondern eine große Stärke ist.
Wie können wir Kinder stärken und schützen, dass sie sicher und gewaltfrei aufwachsen?
Gerade Kinder aus Gewaltfamilien werden häufig zum Stillschweigen manipuliert: Bloß nicht auffallen - sonst wird alles noch schlimmer.
Um auch diese oftmals leisen und unauffälligen Kinder zu schützen brauchen wir:
- sehr gut geschulte Erzieher*innen und pädagogische Fachkräfte, die sich mit den einzelnen Gewaltthemen auskennen und entsprechend fachlich sensibel mit den Kindern und Familien umgehen.
- Gewaltschutzkonzepte in allen Einrichtungen in denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten.
- eine intensive Auseinandersetzung und Schulung zu Gewaltformen, Prävention und Intervention in allen Ausbildungen und Universitäten, in denen Erzieher*innen und Pädagog*innen lernen und studieren.
- idealerweise verschiedene Präventionsangebote in den Einrichtungen, die die Kinder in ihrem Selbstwert und ihrer Selbstwirksamkeit stärken.
- Mitmenschen, die nicht sofort lautstark aggressiv in Schuldzuweisungen andere verurteilen, sondern vielmehr erkennen, ob und wo jemand evt. Hilfe benötigt.
Hier eine Auflistung verschiedener Hilfsangebote: https://stiftunggluecklichekinder.de/hilfsangebote/